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Eines der größten Bauwerke der Stadt ist bald Geschichte
  • Samstag 02.05.2015

Eines der größten Bauwerke der Stadt ist bald Geschichte

Die Tage des alten Krankenhauses im Villinger Friedengrund sind gezählt. In wenigen Tagen soll der Abriss des Gebäudes beginnen, das im Dezember 1961 eröffnet wurde. 52 Jahre lang hatte der Komplex im Villinger Südwesten seinen Dienst getan und über die Jahre hinweg das Leid von tausenden Patienten geheilt. Knapp zwei Jahre nach dem Umzug in das Schwarzwald-Baar-Klinikum und der damit verbundenen Schließung im Juli 2013 soll er nun weichen. Zeit für einen Rückblick.

Planungen: Im Jahr 1955 begannen mit Strukturuntersuchungen und Bettenbedarfsermittlungen die Planungen für das neue Krankenhaus. Diese wurden hinsichtlich Organisation und Ausrüstung in einem 87-seitigen Programm niedergeschrieben, der Brandschutz wurde damals übrigens auf lediglich zwei Seiten abgehandelt.

Am 28. Mai 1956 fasste der Gemeinderat nach reiflicher Überlegung den Beschluss zum Neubau im Friedengrund, der im ersten Bauabschnitt etwa 350 Betten umfassen sollte. Kostenvoranschlag: 10,1 Millionen Mark. Es war damals laut Schwarzwälder Bote das größte Bauwerk der Stadt seit dem Bau der mitteralterlichen Festungsanlagen mit Tor- und Wehrtürmen.

Allgemeine Situation in Villingen: Selbstverständlich bedeutete der Neubau, dass in Villingen viele Projekte zurückgestellt werden mussten. So schrieb Oberbürgermeister Severin Kern: "Auch das alte Villingen hätte ein neues Rathaus nötig."

Gelände: Die Größe des Geländes beträgt rund zehn Hektar, wobei bereits damals die Überlegung angestellt wurde, in weiteren Bauabschnitten auch ein Kinderkrankenhaus mit 80 Betten sowie ein bis zwei Schwesternwohnheime mit jeweils 100 Betten in weiteren Bauabschnitten aufzunehmen. Das Wohnheim war damals das erste Hochhaus in Villingen.

Bau: Der Baubeginn des ersten Bauabschnitts war Ende Mai 1957, das Richtfest im Oktober 1958. Erbaut wurde ein sechsgeschossiges Bettenhaus sowie der daran angrenzende ebenfalls sechsgeschossige Behandlungsbau. Desweiteren ein Wirtschaftstrakt, ein Infektionsflügel sowie das etwas abgesetzte Tagescafé mit Bushaltestellen.

Nach vier Jahren Bauzeit konnten die Arbeiten erfolgreich beendet werden. Auch damals waren Kostensteigerungen kein Fremdwort – so schlug der Bau am Ende mit 13,9 Millionen Mark zu Buche (Steigerung von 38 Prozent). Die feierliche Einweihung mit zahlreicher Prominenz fand am 1. Dezember 1961 statt.

Ausstattung: "Die Entwicklung im modernen Krankenhausbau ist keineswegs abgeschlossen. Es enthält einen Kern von Wahrheit, wenn gesagt wird, dass jedes Krankenhaus im Zeitpunkt seiner Inbetriebnahme bereits überholt ist." So sah es der damalige Architekt Karl Scherrer – dennoch wurde der Bau natürlich nach den neusten Erkentnissen geschaffen.

Neben medizinischen Neuerungen gab es erstmals eine moderne Lichtrufanlage, über die Schwestern gerufen werden konnten, Kissenlautsprecher zum Hören des Rundfunks, der Gottesdienste oder des Krankenhaus-Funks mit Dietmar Steinkamp, eine hausinterne Tele-Traer-Anlage zur Alarmierung von Ärzten über einen Empfänger sowie eine Rohrpostanlage, über die Meldungen in verschiedene Ebenen geschossen werden konnten.

Zukunft: In wenigen Tagen sollen die Abrissbagger anrücken, um Platz für 400 neue Wohnungen im zukünftigen "Friedrichspark" zu schaffen.

Die Krankenfürsorge hat in der Zähringerstadt eine lange Geschichte. Hier war man sich bereits früh der sozialen Verpflichtung gegenüber den kranken Menschen aus Villingen aber auch dem Umland bewusst.

Das erste Spital wurde 1287 durch Gräfin Agnes zu Fürstenberg, die Gemahlin des Grafen Heinrich, gegründet. Das Heilig-Geist-Spital war in der Rietstraße im jetzigen Alten Kaufhaus untergebracht. Erweitert wurde dies für anstreckende Krankheiten durch das Leprosorium, das außerhalb der Stadtmauern im sogenannten Gutleuthaus untergebracht wurde. Das "Seuchenhaus" wurde übrigens im Zweiten Weltkrieg zerstört, es befand sich zwischen Berthold- und Gerwig¬straße. Das Heilig-Geist-Spital hingegen wurde im 19. Jahrhundert in das Franziskaner-Kloster verlegt und blieb dort bis zum Jahr 1912.

Denn 1905 wurde das Stadtbauamt mit der Fertigung von Plänen für ein neues Krankenhaus beauftragt. Der Grund: die Bevölkerung der Stadt war stetig angewachsen, und auch die Technik hatte große Fortschritte gemacht. Für 325 000 Mark entstand der 70-Betten umfassende Bau in der Bleichestraße, der am 10. Februar 1912 eröffnet wurde.

Fast 50 Jahre lang hatte das Friedrich-Krankenhaus, in dem heute Teile der Hotelfachschule untergebracht sind, seinen Zweck erfüllt. Doch das zunächst auf eine Stadt mit 12 000 Einwohner ausgelegte Klinikum stieß in den fünfziger Jahren angesichts von 33 000 Einwohnern trotz zweier Erweiterungen an seine Grenzen. Am Ende bedurfte es zur Behebung der ständigen Bettnot ein Ausweichkrankenhaus, das 1955 im ehemaligen Erholungsheim "Kirneck" untergebracht wurde. Im Jahr 1961 erfolgte schließlich der Umzug in das Krankenhaus am Friedengrund.

Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein selbstständiges Kinderkrankenhaus mit 70 Betten verwirklicht worden. Möglich war dies durch den 1938 getätigten Ankauf der damaligen Junghans-Villa im Warenbachtal. Während des Zweiten Weltkriegs wurde dort zudem provisorisch eine Infektionsabteilung für Erwachsene und Kinder untergebracht.

Mit der Entscheidung, ein neues Krankenhaus in Villingen zu bauen, entschloss man sich dazu, dieses mit einem nahegelegenen Kinderkrankenhaus zu verbinden. Der Spatenstich fand im September 1967 statt, im Mai 1971 erfolgte die Einweihung des Baus mit einer Kapazität von 115 Betten. Zusätzlich wurde ein zweites Schwesternwohnheim sowie eine Kranken- und Kinderkrankenpflegeschule eröffnet.

Die Kinderklinik ist zusammen mit dem Krankenhaus in das Schwarzwald-Baar-Klinikum umgezogen – auch diese Gebäude sollen daher in den nächsten Wochen für den Friedrichspark weichen.

Quelle: Schwarzwälder-Bote vom 02.05.2015
http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.villingen-schwenningen-eines-der-groessten-bauwerke-der-stadt-ist-bald-geschichte.93457cff-f496-472c-9278-3cccbab3be2b.html

Von: Marc Eich

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